Manchen Städten kann man zusehen wie sie sich verwandeln, sich modernisieren, in einem atemberaubenden Tempo. So geschieht es zur Zeit in der siebtgrößten Stadt Frankreichs, in Straßburg. Wer Straßburg besucht, hat vielleicht den Eindruck, Straßburg besteht hauptsächlich aus einer Altstadt, die von den beiden Flussarmen der Ill umrahmt wird, und einigen unwesentlichen, wenig attraktiven Stadtteilen, deren Besuch sich nicht lohnt. Dem ist nicht so. Ein gutes Beispiel dafür sind die neuen Stadtviertel / Ecoquartier, die gerade hier entstehen.
Ville des deux rives - ein neuer Stadtteil
Wer von Kehl aus den Rhein auf der Europabrücke Richtung Straßburg überquerte, der bemerkte, dass hier und da auf dem Weg zur Innenstadt neue hochgeschossige Bürogebäude entstanden. Zwischen der Route Du Rhin und dem Jardin des deux Rives (Garten der zwei Ufer) wächst gerade ein neues Stadtviertel gen Himmel: "La Nouvelle ville: Deux Rives." Was auffällt, architektonisch hervorragend gelungen. Da hat man sich was gedacht. Kein Vergleich zu deutschen Trabantenstädten und Wohnkolossen die in den Siebzigern und Achtzigern zu zuhauf entstanden. Die Gebäude sind unterschiedlich hoch, zwischen 9 und 2 Stockwerken und so gebaut, dass die Lücken, die durch die niedrigen Gebäuden entstehen, den dahinterliegenden Gebäuden ein freier Blick gewährt wird. Glücklich kann sich schätzen wer dabei den unverstellten Blick auf den Jardin des deux rives vom Balkon hat. Bisher entstanden ca 380 Wohnungen in Niedrigenergiebauweise.
Jardin des deux rives - der Garten der zwei Ufer
Im Jahr 2004 fand in Kehl und Straßburg die Landesgartenschau statt, genau hier am Rheinufer. Parallel zum Rhein diesseits und jenseits der früher durch den rheinbestimmten prominenten Grenze. Die Idee des zu diesem Zeitpunkt eingeweihten "Garten der zwei Ufer" oder auf französisch "Jardin des deux rives" entstand jedoch bereits 20 Jahre früher. Das Highlight die "Passerelle des deux rives" - eine doppelte Fussgängerbrücke, die die beiden Ufer verbindet. Es gibt auf jeder Seite zwei Aufgänge jeweils einen steileren und einen flacheren. Den letzteren kann man auch mit Fahrrädern, Rollstühlen und Kinderwagen benutzen. Mitten auf der Brücke gibt es eine Plattform, die alle Aufgänge miteinander verbindet. Eine große Symbolik für zwei Länder, die sich in vielen Kriegen gegenüber standen.
Die Parkanlage auf französischer Seite
Ein Fluß der gleich zwei Nationen gehört sie nicht mehr trennt sondern verbindet. Das dürfte die Idee gewesen sein, als 1995 ein Straßburger Stadtrat seine Idee von diesem Garten der zwei Ufer präsentierte. Beidseitig des Rheines hat der Garten, oder besser, der Park einen hohen Erholungswert. Mehrere Wege, einer davon ufernah durchqueren ihn. Es lässt sich stundenlang flanieren, man kann die unterschiedlichsten Vogelarten beobachten, die Lachmöwe, die Sturmmöwe, die Silbermöwe. Schwäne sind mit ihrem Küken im Sommer ganz nah am Kieselstrand. Graureiher und verschiedene Entenvögel auch.
Kunst, Kultur und Erinnerung open Air
- Direkt neben der Passerelle des deux rives befindet sich ein kleines Monument mit der Bezeichnung "Grenzrosen" - Davon gibt es in Kehl ganze acht und hier auf französischer Seite eine neunte. Die Grenzrosen stammen von Thomas Rother, einem deutschen Künstler und sollen eine versöhnliche Erinnerung symbolisieren. Auf diesem Gedenkstein kann man die Namen der neun französischen Widerstandskämpfer lesen, die am 23. November 1944 von der Gestapo ermordet wurden.
- Ebenfalls gibt es einen Gedenkstein für 29 Widerstandskämpfer, die Ende November in Bühl, Kehl und Rastatt hingerichtet wurden, obwohl Straßburg zu dieser Zeit bereits von den Alliierten befreit war.
- Des Weiteren ein Gedenkstein zur Erinnerung an Marshall de Lattre de Tassigny.
- Die Wasserwand, sie ist 250 Meter lang konkav zum Rhein hin gebogen, zwei bis fünf Meter hoch und ist begehbar. Unterhalb der Wasserwand dann Pflanzen die mit Wasser in Verbindung bringt, wie Schilf oder Seerosen.
- sehr auffällig der Planetenweg mit Schautafeln, kommt man von der Kehler Seite über die Passerelle, die Fußgängerbrücke, dann bildet er praktisch die Verlängerung der gedachten Linie bis zum Horizont
- die Temporären Gärten, die im Frühjahr und Sommer natürlich sehr hübsch sind, im Herbst sich durch die spärliche Bepflanzung eher zur Contemplation eignen.
- dann ist das das "Izanai 2004" vom japanischen Künstler Akio Suzuki. Zwei gewölbte Sandsteinwände wie zwei Hände die den Atem halten. Izanai = Raum der Verführung. Die Klanglangschaft parallel zur reelleln Landschaft, sie hörbar zu machen, war das Ziel von Akio Suzuki. Selbst das Echo, das Rauschen des Rheinwassers ist erfahrbar.